Warst du schon mal der Meinung etwas über Fitness, Training oder Sport genau zu wissen? Du dachtest Crunches sind schlecht, Kohlenhydrate machen dick oder deine Muskeln sind zu kurz und du hast deshalb Schmerzen? Nur um herauszufinden, dass dein Wissen zu den Fitness Mythen gehört und die Fakten in der Realität ganz anders sind?
Dann bist du damit nicht alleine. Die Fitnessbranche ist voll von Mythen und Irrtümern, die leider von sehr vielen Menschen geglaubt werden!
Deshalb will ich dir heute zeigen, was meine Top 10 der größten Fitness Mythen!
Die Top 10 der Fitness Mythen
1. Mythos: Kohlehydrate/Fette machen dick
Fangen wir gleich mit einem Doppelmythos an. Denn beide Aussagen sind sich so ähnlich und beruhen auf sehr ähnlichen Ursprüngen, dass ich sie einfach zusammenfasse. Vorweg gesagt: nein, Kohlenhydrate per se machen dich nicht dick. Und nein, Fette machen dich auch nicht dick.
Fact: Fette machen nicht dick!
Fette als Dickmacher sind seit der Mitte des 20 Jahrhunderts verschrien. Damals gab es Studien, die einen Zusammenhang zwischen hohem Fettkonsum und Fettleibigkeit gezeigt haben (wie so oft waren diese Studien methodisch einfach nicht gut und haben sich nur einen Teilausschnitt der Realität angeschaut). Fette als Dickmacher sind ja erstmal auch logisch, immerhin essen wir vermeintlich das, was auf den Rippen landet.
Wer eine etwas ausführlichere Erklärung zum Thema Fett will, gerne in diesen Artikel schauen. Kurz gesagt: Fette haben zwar mehr kcal pro Gramm als Eiweiß und Kohlenhydrate, sie sind aber sogar ein lebenswichtiger Baustein in unserer Nahrung.
Fact: Kohlenhydrate machen nicht dick!
Kohlenhydrate sind seit etwa 15-20 Jahren als Dickmacher #1 verschrien. Auch hier wird sich auf Studien gestützt, die mehr Kohlenhydrat-Konsum mehr Fettleibigkeit zuschreibt. Und auf die Auswirkung von Kohlenhydraten auf Insulin, was vereinfacht ausgedrückt alles in allem die Fettverbrennung bremsen soll.
Aber auch das sind so nur Teilwahrheiten. Kohlenhydrate sind zwar nicht lebensnotwenig wie Fette und Eiweiß, aber ein wichtiger Energieträger. Vor allem für sportliche Menschen. Es stimmt auch, dass man sich von einfachen Kohlenhydraten (vor allem raffinierter Zucker) eher fern halten sollte (genauso wie von industriell verarbeiteten Fetten). Aber gegen langkettige Kohlenhydrate (Vollkornprodukte, Hafer z.b.), Kartoffeln oder Quinoa und co ist in der Regel nichts einzuwenden. Auch hier findet ihr in diesem Artikel etwas mehr zum Thema.
Dick werden wir ohnehin meistens weil wir insgesamt einfach zu viel Energie zu uns nehmen und nicht, weil wir Lebensmittel XY essen.
2. Fitness: Bei Schmerzen muss man sich schonen
Einer meiner lieblings Mythen und etwas, das die deutsche Medizin nicht müde wird zu wiederholen. Die Ursprünge dieses Mythos liegen irgendwo in der Entkoppelung der modernen Medizin und konservativer beziehungsweise alternativer Therapien.
Kurz gesagt wollen viele Ärzte, dass man sich bei Schmerzen oder Verletzungen schont. Am besten auf das Sofa legen und darauf warten, dass es besser wird. Oft wird es das auch (meist mithilfe von Tabletten).
Aber weißt du was? Mit gezielter Bewegung wird es um Lichtjahre schneller besser! Und man tut gleichzeitig noch etwas für die Reduzierung zukünftiger Schmerzen. Und für das allgemeine Wohlbefinden. Und für das Verletzungsrisiko im Alltag und Alter. Und für die mentale Leistungsfähigkeit. Und und und.
Klingt besser, als nichts zu tun und zu warten, bis es besser wird? Genau!
Fact: Schonen macht Schmerzen langfristig schlimmer!
Natürlich heißt das nicht, dass man mit einem gebrochenem Bein oder einem Hexenschuss einen Marathon laufen gehen soll. Es heißt einfach sich nicht zu schonen, sondern sich schonend zu bewegen, soweit es schmerzfrei oder in leichtem Schmerzrahmen möglich ist. Und dann progressiv steigern.
Getreu nach dem Motto: Nie bewegen ist immer falsch.
3. Fitness Mythos: lockeres Cardio ist ideal zum abnehmen
Einer der häufigsten Mythen im Breitensport und der Abnehmbranche. Lockeres Cardio gilt für viele immer noch als der heilige Gral des Abnehmens – sprich Ausdauer im Pulsbereich der sogenannten Fettverbrennungszone, also ein Puls von ca 100 bis 130.
Klingt ja auch erstmal logisch, heißt der Pulsbereich doch sogar Fettverbrennungszone. Nur, dass man dort in Wahrheit nicht die meisten Kalorien, ergo auch nicht das meiste Fett verbrennt!
Jetzt wird es etwas kompliziert, ich versuche es einfach kurz und simpel auszudrücken: In diesem Pulsbereich ist im Körper tatsächlich die Fettverbrennung der dominante Energiestoffwechsel. Die geringe gesamte Intensität führt aber dazu, dass man hier für einen ordentlichen Kalorienverbrauch und auch für ein vernünftiges Training des Fettstoffwechsels lange am Stück trainieren sollte: mindestens 40 Minuten!
Fact: Krafttraining und HiT sind besser zum abnehmen
Gibt es jetzt aber bessere Alternativen zum Abnehmen? Ja! Krafttraining und High Intensity Intervalle sind eher das Mittel der Wahl beim Abnehmen. Beide stimulieren die Muskeln weit mehr, was deren Abbau minimiert. Und vor allem HIT verbraucht auf sehr kurze Zeit viele Kalorien, ist also sehr zeiteffizient
Wer die Zeit hat lockeres Cardio noch zusätzlich einzubauen, der darf und soll das aber gerne machen, da es neben dem Training der Fettverbrennung noch andere positive Effekte mit sich bringt.
Grundsätzlich gilt aber nach wie vor: Abnehmen MUSS über die Ernährung gesteuert werden. Sport kann da immer nur unterstützen.
4. Mythos: Fett kann in Muskeln umgewandelt werden
Dieser Mythos ist für einen Sportwissenschaftler wie mich physiologisch so absurd, dass ich nie weiß, ob ich lachen oder weinen soll wenn ich ihn höre.
Fact: Man kann gleichzeitig Fett abbauen und separat Muskeln aufbauen
Machen wir es kurz: nein, das geht nicht! Der Mythos stammt daher, dass vor allem untrainierte Menschen wenn sie anfangen zu trainieren oft Fett abbauen und gleichzeitig Muskeln aufbauen (etwas, dass bei besser trainieren parallel kaum mehr möglich ist).
Physiologisch gesehen sind der Fettabbau und der Muskelaufbau aber immer zwei unterschiedliche Vorgänge.
5. Mythos: Crunches verbennen Bauchfett und machen ein Sixpack
Wer kennt den Anblick nicht: Egal wann man im Fitnessstudio ist, es gibt immer jemanden, der gerade Crunches in allen Formen und Farben macht um Fett am Bauch zu verbrennen und das glorreiche Sixpack zu bekommen. Sorry für die vergebenen Mühen, denn das klappt so nicht.
Denn wie sagt man so schön: Ein Sixpack wird in der Küche gemacht!
Ich verrate dir jetzt ein Geheimnis: Jeder Mensch hat ein Sixpack. Es ist nur bei den meisten unter einer mehr oder weniger dicken Fettschicht versteckt. Das Sixpack ist nämlich die natürlich Form des geraden Bauchmuskels. Wenn du es sehen willst, musst du zwangsläufig dein Körperfettanteil reduzieren.
Fact: Gezielter Fettabbau ist unmöglich und ein Sixpack bekommt man indem man abnimmt!
Und nein, das geht nicht mit Crunches und schon gleich gar nicht gezielt am Bauch! Der Körper baut immer am ganzen Körper Fett ab bzw der Reihe nach dort, wo es ihm sein genetischer Bauplan vorgibt. Für viele heißt das leider: Das Bauchfett wird als letztes abgebaut.
Trotzdem: Wer seinen Bauch trainiert wird auch dort Muskeln aufbauen, was den Sixpack am Ende etwas deutlicher sichtbar werden lässt. Männer sehen ein Sixpack übrigens etwa ab 12% Körperfettanteil und niedriger, Frauen ab etwa 15-20% und niedriger.
6. Mythos: Man darf nichts mit rundem rücken aufheben, sonst verletzt man sich
Ein sehr interessanter Mythos, weil der Ursprung dahinter und die Wahrheit darüber nicht komplett zu trennen sind. Trotzdem darf der Mythos so nicht stehengelassen werden, denn: Solche Aussagen helfen den Menschen weniger, als dass Sie für Angst vor bestimmten Bewegungen sorgen.
Der Mythos hat seinen Ursprung darin, dass es tatsächlich Leute gibt, die sich einen Hexenschuss, eine Verspannung oder ähnliches beim Aufheben mit rundem Rücken zugezogen haben.
Diese Leute haben aber einfach etwas viel zu schweres mit rundem Rücken aufgehoben. Die Kraft ihres Rückens war nicht stark genug dafür. Das Heben mit rundem Rücken an sich ist nämlich kein Problem. Im Gegenteil: unser Rücken ist explizit dafür gemacht sich zu beugen. Etwas mit rundem Rücken aufzuheben ist also kein Problem, solange du innerhalb deiner Leistungsfähigkeit bleibst. Und nein, deine Bandscheiben explodieren auch nicht, wenn du es zum 1000 mal machst.
Fact: Heben mit rundem rücken ist kein problem, solange man seine (aktuellen) grenzen kennt
Was solltest du also beachten: Trainiere dir am besten eine saubere Kreuzheben Technik an, um sehr schwere Dinge vom Boden aufheben zu können. Trainiere gleichzeit aber auch progressiv schwerere Dinge mit rundem Rücken zu heben (der sogenannte Jefferson Curl). So bekommst du einen kugelsicheren Rücken!
7. Mythos: Frauen, die mit gewichten trainieren sehen bald aus wie She Hulk
Das ist leider der für Frauen wohl hartnäckigste unter den Fitness Mythen. Und dabei viel „Schaden“ anrichtet!
Die Antwort ist nämlich nein: Frauen, die mit viel Gewicht trainieren werden nicht automatisch zur Bodybuilderin oder zum Massemonster. Im Gegenteil, meistens passiert dadurch eine Sache, für die viele Frauen ohnehin ins Fitnessstudio gehen: Sie bekommen einen knackigen Hintern, einen strafferen Bauch und straffere Arme. Und Krafttraining hat noch so viele weitere Vorteile.
Fact: Training mit schweren Gewichten führt Frauen schneller an ihre Trainingsziele!
Das schafft man übrigens nicht wirklich, indem man endlos lange auf dem Crosstrainer (aka Stepper) oder dem Stairmaster trainiert. Das ist nämlich Cardiotraining und das ist für das sogenannte Shaping ungefähr so sinnvoll, wie ein Feuer mit einer Wassersprühflasche zu löschen.
Die Frauen, die schwer trainieren und tatsächlich wie Bodybuilderinnen aussehen haben genau darauf sehr lange und sehr intensiv trainiert. Und auch dementsprechend gegessen. Das passiert ungewollt eigentlich nie!
8. Mythos: Krafttraining verkürzt die Muskeln
Krafttraining wird von vielen leider immer noch mit viel Skepsis gesehen und es kursieren einige Mythen darüber. Am häufigsten habe ich in meiner Laufbahn gehört, dass Krafttraining zu Verkürzungen führen soll.
Der Gedanke dahinter ist, dass man beim Krafttraining in der Regel konzentrisches, also „verkürzendes“ Krafttraining betreibt. Das heißt aber nichts anderes, als dass man bei der Übung Ursprung und Ansatz des Muskels durch die Kontraktion zusammenführt. Mit einer langfristigen Verkürzung der Muskeln oder Sehnen hat das nichts zu tun.
Fact: Verkürzungen sind eigentlich eine Schutzspannung und kommen meistens vom Lebensstil!
Allgemein: Muskeln können in der Regel gar nicht strukturell verkürzen. Außer durch Dinge wie Narbenbildung. Klassische „Verkürzungen“ sind in Wirklichkeit auf eine Schutzspannung zurückzuführen. Und die kommt meistens von Faktoren im Lebensstil, wie zu wenig Bewegung oder lange statische Haltungen über Monate und Jahre hinweg.
Krafttraining kann im Gegenteil sogar sehr viel zur Entspannung von verspannten und zu „kurzen“ Muskeln beitragen. Beweglichkeitstraining spielt hier aber natürlich immer eine große Rolle.
9. Mythos: EIn Bandscheibenvorfall führt zu schmerzen
Einer der hartnäckigsten Fitness Mythen zum Thema Rückenschmerzen. Die Angst vor Bandscheibenvorfällen in der Gesellschaft ist hierzulande enorm. Was leider davon kommt, dass viele Orthopäden zu schnell ein MRT bei Rückenschmerzen verschreiben. Dort findet sich dann oft auch ein Bandscheibenvorfall und der wird dann gern als Schuldiger benannt.
Dabei liegt die wahre Ursache von Rückenschmerzen meistens in funktionellen Problemen und nicht in strukturellen Verletzungen. Der Bandscheibenvorfall, der sich auf dem MRT findet ist ohne Rückenschmerzen also harmlos. Und selbst wenn er sich bei Rückenschmerzen im MRT zeigt, ist er oft gar nicht der primäre Schmerzauslöser!
Fact: Bandscheibenvorfälle sind selten für Rückenschmerzen verantwortlich
Tatsächlich sind nur 4% aller Rückenschmerzen tatsächlich auf Bandscheibenvorfälle zurückzuführen. Dabei hat mehr als die hälfte aller Menschen irgendwann einmal einen. Die allermeisten davon sind nur eben harmlos.
10. Mythos: No Pain No Gain
Und das beste zum Schluss: No Pain No Gain ist wohl der bekannteste unter den Fitness Mythen. Er ist so bekannt, dass sogar ein Film über Kriminelle Bodybuilder diesen Titel trägt. Und er prägt den Trainingsgedanken der meisten Fitnesstudiobesucher oder Breitensportler wie kein anderer.
Was steckt dahinter? Der Mythos, dass für Fortschritt bei Kraft, Muskelwachstum, Abnehmen, Ausdauer oder Beweglichkeit über die Schmerzgrenze gegangen werden muss. Genauer gesagt: Wenn das Training nicht weh getan hat (muskulär gesehen) beziehungsweise kein Muskelkater folgt, dann war das Training nicht effektiv.
Ich höre von fast allen meinen Kunden Enttäuschung, wenn Muskelkater lange ausbleiben, weil sofort befürchtet wird das Training war sinnlos.
Dabei ist ein regelmäßiger Muskelkater langfristig hinderlich, weil er einen im nächsten Training immer einschränkt.
Fact: Ständiger Schmerz und Muskelkater beim Training führt eher zum gegenteil: Stagnation und ausbleibende fortschritte.
Ein Muskelkater ab und zu (bei neuen Übungen oder einer Umstellung des Trainings) ist ok, er muss und sollte aber kein Dauerzustand sein. Und man kann sehr effektiv trainieren, ohne dabei Schmerzen zu haben!
Woher kommen diese ganzen Fitness mythen?
Wer schon mal Fitness Mythen in die Falle getappt ist, fragt sich wahrscheinlich, woher der Mythos kommt. Wem das schon öfter passiert ist, der fragt sich wahrscheinlich, warum die ganze Fitnessbranche komplett voll von den Dingern ist.
Das lässt sich aber schnell erklären. Die meisten Mythen haben ihren Ursprung in einem von 2 Gründen.
Ursache 1: Veraltetes Wissen
Ihren großen Durchbruch erlebte die Fitnessbranche in den 70er und 80er Jahren mit der Aerobic Welle unter Jane Fonda und der Bodybuilding Welle unter Arnold Schwarzenegger.
Damals war das Wissen um die richtige Ausführung von Übungen, was dem Körper wirklich schadet und was ihm hilft und um viele andere Dinge aber noch sehr rudimentär. Immerhin gab es damals noch kaum Forschung zu dem Thema und in der Praxis war vieles noch wenig verbreitet. Viele Methoden oder Glaubenssätze von damals haben sich aber bis heute gehalten.
Hinzu kommt, dass die Fitnessbranche viel schneller Dinge entwickelt, als diese in der Praxis oder durch die Wissenschaft auf ihre Wirksamkeit überprüft werden können. Das führt dazu, das gewisse Methoden oder Trainingsgeräte medial oder durch kluges Marketing gehyped werden und auch erstmal gut ankommen. Sich dann aber nach einigen Jahren heraussstellt, dass es kein Game Changer, sondern nur eine Ente war.
Ursache 2: Falsche Experten und schlechte Studien
Wenn es in der Fitnessbranche eines nicht gibt, dann ist das ein Thema, bei dem sich alle einig sind. Fast immer gibt es Diskussionen und Streit unter „Experten“.
Das erste Problem der Fitnessbranche dabei ist, dass sich hier jeder Experte nennen darf. Es gibt keine Ausbildungsstandards für Trainer oder Coaches, ja diese Begriffe sind ja nicht einmal geschützt. Jeder darf sich also so nennen und seine wenig fundierte Meinung verbreiten. Ein perfekter Nährboden für Fitness Mythen.
Das zweite Problem ist, dass es unzählige verschiedene Gruppierungen gibt, die oft komplett unterschiedliche Meinungen haben. Und diese Meinungen auch noch mit Studien „belegen“. In der Ernährung gibt es die Gruppen, die Kohlenhydrate verteufeln und die, die Fette dämonisieren. Im Training gibt es die Krafttrainingsenthusiasten und diejenigen, die dort nur Verletzungspotential sehen. Aber wie können die alle wissenschaftlich argumentieren?
Das liegt daran, dass es zu fast jeder Meinung eine Studie gibt, die diese zu untermauern scheint. Denn zum einen sind Studien sehr leicht manipulierbar, wenn sie methodisch nicht gut umgesetzt sind. Zum anderen beweist eine Studie alleine noch gar nichts.
Fazit
Das waren sie also, meine Top Fitness Mythen. Dir fallen noch andere, große Mythen ein? Dann schreib sie doch gerne in die Kommentare!